E28

Das Märchen vom Kaufhof Stuttgart

Nutzung
Leerstehend! - bald Zwischennutzung?
Ort
Stuttgart
Team
Sascha Bauer, Leon Vohl
Aufgabenstellung
selbstinitiiertes Projekt

Es war einmal in der belebten Eberhardstraße in Stuttgart, ein ehemaliger Kaufhof, der drohte Jahre leer zu stehen. Die großen Fenster waren verstaubt, die Regale leer und die Gänge hallten vor gähnender Leere. Die Menschen in der Stadt sahen das baufällige und vernachlässigte Gebäude jeden Tag und wünschten sich, dass es wieder zum Leben erweckt würde. Ein Leerstand mit weiterem Verfall war keine Alternative.

     

Das prägnante Gebäude mitten in der Stadt weckte Begehrlichkeiten und zog viel Aufmerksamkeit auf sich. Eines Tages versammelten sich Vertreter:innen aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft, um über eine Lösung für den leerstehenden Kaufhof zu beraten. Unter ihnen waren die Gruppe Euphoria, ein Zusammenschluss von kreativen Köpfen, das Haus der Kulturen, Vertreter der freien Tanz- und Theaterszene und viele mehr. Sie alle hatten eine Vision: Die kulturelle Stadtentwicklung voranzutreiben und die vorhandene Gebäudestruktur einer Zwischennutzung zu überführen, um Leerstand zu vermeiden und sich für eine lebenswerte und inklusive Stadt einzusetzen.

     

Gemeinsam schmiedeten sie einen kühnen Plan. Sie wollten den ehemaligen Kaufhof in ein Spartenhaus verwandeln – ein Haus für die Gemeinschaft, in dem Kultur, Kreativität und Innovation blühen sollten. Doch sie wussten, dass sie diese Aufgabe nur gemeinsam und in kleineren Schritten bewältigen konnten. Auch der Gemeinderat erkannte schnell, dass die AG Zwischennutz als Hoffnungsträger kurzfristig ins Leben gerufen werden muss. In einem kooperativen Prozess unter Vertreter:innen aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft werden sie die Räume des ehemaligen Kaufhofs mit Leben füllen und Teil des Abenteuers Zwischennutzung werden.

      

Die Menschen der Stadt waren skeptisch, aber auch neugierig auf das, was da kommen mochte. Unter dem Motto „Mit kleinen Schritten großes Erreichen“ wurde das Haus in Abschnitten zugänglich gemacht. Als die Türen im Erdgeschoss des ehemaligen Kaufhofs als erster Schritt bereits Mitte 2024 geöffnet wurden, staunten die Menschen nicht schlecht. Statt leerer Regale sahen sie bunte Ausstellungen von lokalen Künstler:innen, statt Stille hörten sie das lebendige Treiben von Musik und Theateraufführungen. Über die Jahre fanden auch zahlreiche andere Nutzungen und Akteur:innen Raum und Möglichkeit sich co-kreativ zu integrieren. Die Akteur:innen der Kultur- und Kreativwirtschaft schufen ein Experimentierfeld für junge und lokal geführte Unternehmer:innen mit offenem Coworking. Einige kulturelle Spielarten wurden so unter einem Dach gebündelt. Es wurde aber auch allen bewusst, dass temporäres Wohnen eine willkommener – wenn auch baurechtlich schwieriger – Bestandteil des Projektes sein kann, welcher sich mit anderen Nutzungen über die Jahre hinweg entwickeln muss.

       

Das Spartenhaus wurde zu einem Ort der Begegnung und Inspiration für Jung und Alt. Hier trafen sich Kreative, um Ideen auszutauschen und neue Projekte zu entwickeln. Start-Ups fanden hier Raum, um ihre Unternehmen zu gründen und zu wachsen. Die Menschen strömten in Scharen aus Nah und Fern herbei, um an Workshops teilzunehmen, Konzerte zu besuchen oder einfach nur die einzigartige Atmosphäre zu genießen.

    

Und so geschah das Märchen aus der Eberhardstraße. Aus einem traurigen und baufälligen Leerstand wurde ein pulsierendes Zentrum für Kultur, Kreativität und Gemeinschaft. Aus einer ambitionierten Idee zur Zwischennutzung wurden co-produktiv und co-creativ dauerhafte Nutzungen evaluiert, aber auch Flächen geschaffen für neue Experimente der offenen Stadtgesellschaft.

    

Die Menschen lernten, dass man mit gemeinsamer Vision und Zusammenarbeit selbst die größten Herausforderungen überwinden kann. Und der ehemalige Kaufhof erstrahlte nun in neuem Glanz, als Symbol für die Macht der Kreativität und die Schönheit der gemeinsamen Nutzung von Raum und Ressourcen.

    

Version 2023, Originaltitel: Das Märchen aus der Eberhardstraße